Hallo liebe Wolke,
hast du geregelte Arbeitszeiten?
Mutter zu sein, das ist ja bekanntlich das Schönste der Welt. Und meistens stimmt das ja sogar. Ein kleines Leben zum ersten Mal im Arm zu halten, ist wahrscheinlich das größte Wunder, das man erleben kann. Einem kleinen Leben dabei zuzuschauen, wie es die ersten wackligen Schritte unternimmt, lässt einem das Herz aufgehen. Von einem kleinen Leben Blicke geschenkt zu bekommen, die viel mehr als ein „Ich liebe dich!“ bedeuten, ist unübertrefflich. Das alles ist wirklich das Schönste auf dieser Welt. Bloß: Zwischen diesem ganzen Wunderschönsten, gibt es auch noch andere Minuten. Tage, Wochen, Monate, Jahre. Und die füllt Mama aus.
Denn Mama ist immer auf Schicht.
Urlaubsanspruch: 0 Tage
Es gibt Dinge, die glaubt man nicht, BEVOR man eigene Kinder hat.
Ich hätte, zum Beispiel, nie gedacht, dass ich mal zu irgendjemandem sagen würde: „Schmier den Popel bloß nicht auf das Sofakissen!“, genauso wenig, wie ich gedacht habe, dass ich eines nachts von Wäschebergen alpträumen würde, die mich verfolgen und vor denen ich – im Traum – nicht weglaufen kann.
Genauso wenig glaubt man dieses Märchen, dass sich Mütter hin und wieder in tiefster Verzweiflung im Bad einsperren und eine kleine Runde heulen, weil das Wunderschönste dieser Welt manchmal zur Nervenprobe werden kann, die einem graue Haare wachsen lässt.
Glaubt man alles nicht, wenn man es nicht selbst erlebt hat.
Und zum Schluss weiß man, spätestens nach ungefähr zwei bis vier Wochen nach der Entbindung, dass das mit dem Schlafmangel doch kein grausamer Scherz war. Da dämmert es einem relativ schnell: Mein Urlaubsanspruch (als Mutter) schrumpft gerade zu einem armseligen Häufchen Elend zusammen.
Schicht im Schacht
Hier im Ruhrgebiet war irgendwann, am Ende des Tages, Schicht im Schacht. Zumindest für die Kumpels, die in ihren Zechen unter Tage die Kohle aus dem Berg gekloppt haben. Schwerstarbeit war das. Ich kann mich noch gut an die Stahlarbeiter und an das Stahlwerk in dieser Stadt erinnern, und wie sich die harten Arbeiter früher hier im feinsten Ruhrpottslang unterhalten haben. Hömma, dat is Heimat für mich. Da gibbet nix Schöneres. Heute ist es hier ein wenig anders, heute haben die Zechen für immer dicht gemacht, heute ist Schicht. Nur für Mama nicht, die arbeitet rund um die Uhr. Immer. Ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Manchmal träume ich nicht nur von den Wäschebergen, sondern auch von Urlaub. Aber den gibt es für eine Mutter nicht. Mama läuft immer mit dem unsichtbaren Pieper durch die Gegend und hat Bereitschaftsdienst. Immer, immer, immer.
Mama, Mama, Mama
Mama steht sieben bis siebenhundertmal auf, wenn das Baby schreit. Mama zählt ihre Augenringe. Mama wechselt dreihunderttausend Windeln, Mama wäscht bis die Maschine ächzt. Mama hält die Trotzanfälle aus und die Familie zusammen. Mama kocht und bügelt, Mama geht arbeiten, wenn sie Glück und einen familienfreundlichen Arbeitgeber gefunden hat. Mama macht das Essen, Mama malt, Mama liest Geschichten vor, Mama tröstet, Mama bürstet Haare, Mama schaut sich Ausschläge an und sitzt drei Stunden im Wartezimmer beim Kinderarzt. Mama begleitet zum Schwimmunterricht, Mama denkt sich Spiele aus. Mama misst Fieber, Mama schnibbelt Obst, Mama ist nie müde – und noch weniger krank. Mama macht das schon, denn das ist ihr Job. Mama ist Mama. 24/7. Mama ist immer auf Schicht.
Und der Dank?
Immer noch werden viel zu viele Mütter viel zu oft belächelt; dafür nämlich, Mutter zu sein. Und wenn man sich Gedanken um sein Kind/seine Kinder macht, wenn man nicht zulassen möchte, dass die Fünfjährige andere mit „Arschloch“ betitelt und ein Auge darauf wirft, was aus dem kleinen Menschenkind wohl werden wird, dann hat man schneller den Stempel „Helikopter“ oder „Über“ auf der Stirn kleben, als man nach 13 Monaten Übung eine Stinkewindel wechseln kann.
Ist das der Dank dafür, dass man niemals frei hat? Dass man immer parat steht, dass man manchmal ganz schön verzweifelt sein kann und dass man sich immerzu Gedanken um alle möglichen Dinge – und vor allem um das macht, was das Wertvollste in seinem Leben ist? Ich glaube nicht.
Was ich allerdings glaube, ist: Mama ist immer auf Schicht. Und nach harter Arbeit, am Ende des Tages, wenn die Schichtglocke läutet und wenn man die Grubenlampe in seinem eigenen Bett ausschaltet, dann weiß man eins:
Mama zu sein, das ist das Schönste dieser Welt.
Und der größte Dank für alles.